Parteiprogramm der Europäer für den Planeten

Wir sind die Europäer für den Planeten

Wir haben uns drei Aufträge gegeben …

  •        Eine dauerhafte Aufgabe,
  •        Eine Nebenbedingung und
  •       Ein kurzfristiges Ziel

Die dauerhafte Aufgabe, der wir uns verschrieben haben, ist das Überleben der Menschheit in einer intakten Umwelt dauerhaft zu ermöglichen.

Die Nebenbedingung dabei ist es, dabei unsere typisch Europäischen liberalen Bürgerfreiheiten zu erhalten.

Unser Kurzfristziel ist es, ein verfassungsrechtlich verankertes Europa, als Staat mit gemeinsamer Außen-, Verteidigungs-, Finanz- und Verteidigungspolitik und mit ausreichend Gewicht zu schaffen, um unsere dauerhafte Aufgabe mit ihrer Nebenbedingung erfüllen zu können.

Der Name „Europäer für den Planeten“ soll unsere dauerhafte Aufgabe, die Nebenbedingung und das Kurzfristziel widerspiegeln.

Warum ist dafür eine neue Partei notwendig?

Diese Frage ist berechtigt. Wir haben in Deutschland bereits ein breites Parteienspektrum. Die darin vertretenen Parteien wiederum haben jeweils ein breites Parteienprogramm.

Darin finden sich Lösungen für fast jedes Problem. Ob wir „das Klima schützen“ (Grüne) wollen oder eine „Politische Teilhabe von migrierten Menschen“ (Volt) erreichen, ob wir „gute Arbeit für ein gutes Leben“ (Linke) wichtig finden, oder ganz konkret das „Prinzip der Netzneutralität“ (Piraten) angewandt sehen wollen. In diesen opulenten Auswahlmenüs ist eigentlich für jeden etwas dabei – und Manches
klingt gar nicht einmal so schlecht. Da mag man sich andererseits von so etwas Widersprüchlichem und unscharf Verschwurbeltem wie den „christlich-jüdisch-humanistischen Traditionen“ (CDU) angezogen fühlen oder von der „Anerkennung des Nationalstaats anstelle postnationaler Grenzenlosigkeit“ (AfD). Kaum jemand wird etwas dagegen haben, den „modernen öffentlichen Personennahverkehr zu
stärken“ (FDP) und „bezahlbares Wohnen für Alle“ (SPD) kann man doch nur begrüßen.

Alle streben sie in die Mitte der Gesellschaft, auch Parteien, die aus Protest gegen das „Establishment“ entstanden sind oder sich bei ihrer Gründung erklärtermaßen radikal am linken oder rechten Rand des politischen Spektrums positioniert hatten. Die Überscheidungen der Versprechungen in den Wahlprogrammen mitsamt ihren Widersprüchen sind entsprechend groß. Es braucht schon einen Wahl-O-Mat,
um sich vor einer Wahl entscheiden zu können.

Also alles gut?
Das könnte man meinen. Oder eben auch nicht.

Denn, woher kommt dann in dieser schönen und nicht mehr so neuen Welt die zu beobachtende zunehmende Politikverdrossenheit? Wie konnte die außerparlamentarische Opposition der Fridays for Future Bewegung sich so machtvoll Gehör verschaffen? Warum zerbröselt das politische Europa, wo es doch gerade handlungsfähig sein sollte?

Ganz offensichtlich müssen wir eine andere Politik anstreben und wir müssen die Politik anders betreiben.

Unsere politischen Ziele müssen die wesentlichen Herausforderungen adressieren, vor denen wir in Deutschland, in Europa und weltweit stehen. Diese sind sehr ernst zu nehmen. Keinesfalls dürfen sie wahltaktischen Überlegungen untergeordnet werden. Auch hängen sie zusammen, bedingen einander oder aber stehen im Widerspruch zu einander. Sie können nicht beliebig dem Menü hinzugefügt oder
wieder entfernt werden. Die daraus folgenden Maßnahmen müssen sich von wenigen Grundprinzipien ableiten lassen – wenn möglich sogar automatisiert.

Denn das schwächste Glied in der Kette ist der Mensch selber. Nicht nur, dass Politiker einzelner Nationalstaaten auch immer nur ein nationales Mandat erhalten haben – niemals ein europäisches. Auch hängt der Lebensweg eines Berufspolitikers weniger von seiner Prinzipientreue ab, oder dem Wert seiner Entscheidungen, als vielmehr von seinen Wahlerfolgen. Entsprechend bewegt ihn zuerst die Frage „Was
wird aus mir?“.  Er wird mithin wenig Neigung verspüren, sich selber wegzurationalisieren. Wird er aber im Erfolgsfall mit weitreichender Entscheidungsbefugnis betraut, wird er diese allzu oft als persönliche Macht verstehen und sich zu Entscheidungen kraft eigener Willkür berufen fühlen. Es gilt also das Parteiprogramm in den Vordergrund zu rücken, den Parteipolitiker in den Hintergrund – mehr Programm, weniger Mensch.

Eine solche Partei gab es bisher nicht. Sie musste also erst geschaffen werden. Da noch keine echten Europäischen Parteien möglich sind, muss allerdings zunächst in jedem europäischen Land eine gesonderte Partei der Europäer für den Planeten gegründet werden – so auch hier in Deutschland.

Wie finden sich unsere Aufträge in unserem Namen wieder?

Unser Auftrag, das Überleben der Menschheit in einer intakten Umwelt dauerhaft zu ermöglichen, klingt so selbstverständlich, dass mit Ausnahme weniger fundamental-religiöser Endzeit-Gläubiger wohl jede politische Formation bestätigen wird, eben das natürlich auch zu wollen – eigentlich jedenfalls.

Unser Heimatplanet Erde steht für diese gedankliche Klammer, die alle Entscheidungen und Maßnahmen zusammenhalten soll. Dieser Auftrag ist abstrakt und allen weiteren Maßgaben überlagernd. Er muss erst stufenweise in die Aktionen des Tagesgeschäfts übersetzt werden. Denn im politischen Alltag werden diese langfristigen Aufträge schnell von brennenden Tagesproblemen und deren mehr oder weniger schnellen, vermeintlichen Lösungen, wie Fachkräftemangel, Pendlerpauschale oder Abwrackprämie in den Hintergrund gedrängt. Oft fehlt es auch gar nicht an der Erkenntnis „eigentlich müssten wir anders handeln“, gefolgt von einem resignierenden „aber das ist dem Bürger nicht zu vermitteln“.

Ein Weg in den Abgrund ist dieses Verhalten aber dennoch. Wichtiger also ist es, dafür zu sorgen, dass sich alle Entscheidungen die wir als Gemeinschaft treffen und alle Maßnahmen, die wir daraufhin ergreifen, diesem Prinzip der Nachhaltigkeit auch nachweislich folgen.

Der Auftrag, unseren Planeten lebenswert zu erhalten, schwebt also immer über unserem Namen.

Warum nur drei Aufträge?

Viel stärker als in bisher üblichen Parteiprogrammen, dürfen unsere Entscheidungen diesem einen Grundprinzip also nicht widersprechen. Vielmehr stellen wir den Anspruch, dass sich unsere konkreten Handlungsanweisungen möglichst folgerichtig und verständlich begründbar über eine gegebenenfalls mehrstufige Hierarchie von politischen Prinzipien aus diesem einen Grundprinzip ergeben.

Erheben wir für das Grundprinzip der Nachhaltigkeit noch den Anspruch universeller Gültigkeit, so beschränken wir den in der Nebenbedingung formulierten Anspruch, dabei unsere typisch Europäischen liberalen Bürgerfreiheiten zu erhalten, auf den Wirkungskreis der Zivilisation ebendieses Europas. Wir glauben, dass es vor allem wir Europäer sind, denen ein Leben ohne die, uns inzwischen so
selbstverständlich erscheinenden, liberalen Bürgerfreiheiten nicht lebenswert erscheint. Diese Nebenbedingung halten wir für wesentlich. Viele Anzeichen deuten darauf hin, dass wir als Menschheit unseren Planeten bereits sehr ausgeplündert und schon viele Ökosysteme zerstört haben. Wir erwarten daher, dass ein Umsteuern im Sinne des Grundprinzips einschneidende Maßnahmen erfordern wird. Gesellschaftliche Tabuthemen werden angesprochen und neu bewertet werden müssen. Allzu leicht könnten unsere liberalen Bürgerfreiheiten Opfer einer solchen radikalen Umgestaltung werden. Daher haben wir sie so prominent als Nebenbedingung und Auftrag Nummer zwei positioniert.

Diesen Auftrag zu erfüllen, wird nicht leicht werden. Wir glauben auch, dass wir unsere liberalen Bürgerfreiheiten nur in Europa wirksam verteidigen können. Und das kann nur durch Europa selber geschehen. Dieses Europa benötigt die Legitimation durch seine Bürger, eine eigenständige politische Positionierung, eine klare Mission und vor allen Dingen ein entsprechendes Gewicht, damit seine Stimme im „Konzert
der Weltmächte“ auch Gehör findet. Wir sind von der Überzeugung geleitet, dass ein wirksam handlungsfähiges Europa nur als ein Staat mit verfassungsrechtlicher Verankerung einer einheitlichen Außen-, Verteidigungs-, Finanz- und Verteidigungspolitik entstehen kann – so zentral organisiert wie nötig und so regional bestimmt wie möglich. Von außen muss Europa als handlungsfähige Einheit wahrgenommen werden. Nach innen wollen wir uns die Vielfalt der Völker und Kulturen bewahren. Ein solches Europa gibt es noch nicht.  Wir müssen es erst erschaffen. Das ist unser Auftrag Nummer drei.

Das Überleben der Menschheit in einer intakten Umwelt dauerhaft ermöglichen

Dieser dauerhafte Auftrag, dem wir uns verschrieben haben, ist so selbstverständlich, dass wir zögern, ihn so prominent allen unseren anderen Überlegungen überzuordnen. Und doch wird tagtäglich dagegen wie selbstverständlich verstoßen – ob bewusst oder unbewusst.

Denn die schwer zu ertragende Wahrheit ist, dass bereits heute zu viele Menschen zu viele Ressourcen verbrauchen. Wir müssen also wieder weniger werden – und vermutlich auch weniger Ressourcen verbrauchen. Diese Forderung hat keine politische Organisation in ihrem Programm – nur wir.

Nach einer – allerdings sehr kurzen – Übergangszeit müssen wir also in allen Aspekten unseres Wirtschaftens klimaneutral handeln.

Wir müssen alle Ressourcen in einer Kreislaufwirtschaft permanent wiederverwenden. Bei nachwachsenden Rohstoffen kann das der natürliche Erneuerungszyklus sein. Für den Umgang mit endlichen Ressourcen müssen wir einen technisch unterstützten Wirtschaftskreislauf etablieren.

Wir müssen die Verwüstung unseres Planeten durch Entwalden, Vermüllen und Vernichten ganzer Ökosysteme stoppen und ausreichend große Teile der Erdoberfläche zu ihrer Regeneration dem zerstörerischen Zugriff des Menschen entziehen.

Gemessen an der Art und Weise, wie wir wirtschaften, endliche und (nicht schnell genug) nachwachsende Ressourcen verbrauchen und unsere Umwelt weiter zerstören, leben bereits zu viele Mensen auf diesem Planeten. Wir sind bereits zu viele, um langfristig nachhaltig wirtschaften zu können. Zwar ist in einigen hoch entwickelten Ländern die Gesamtbevölkerungszahl bereits wieder rückläufig. Hoffnung auf eine starke Reduzierung der Weltbevölkerung lässt sich daraus aber nicht ableiten. Eine teilweise Rückkehr zu traditionellen Methoden des Wirtschaftens ist damit unmöglich.

Um aus dieser Falle wieder heraus zu finden, werden wir neben politischen Maßnahmen verstärkt auch technische Lösungen finden müssen, die einen schonenden Umgang mit unserer Umwelt ermöglichen. Ein Zurück zu vermeintlich „guten, alten Zeiten“ wird es nicht geben können. Ein starker Fokus auf Bildung, Forschung der Entwicklung von Hochtechnologie erscheint vor diesem Hintergrund
zwingend.

Einem technologischen Fundamentalismus der unser Überleben von möglichen, zukünftigen technischen Neuerungen abhängig macht, wollen wir anderseits nicht vertrauen. Denn planbar ist technischer Fortschritt schließlich nicht.

Unsere typisch Europäischen liberalen Bürgerfreiheiten erhalten.

Diese selbstverständlichen Forderungen, zu denen es keine Alternative gibt, rütteln dennoch an Themen, die bisher den Charakter von Tabus hatten.

Darüber – in letzter Konsequenz auf globaler Ebene – einen gesellschaftlichen Konsens zu erzielen und die erforderlichen Maßnahmen auch zügig umzusetzen, erfordert von uns, viel stärker als Gemeinschaft zu handeln, als es zumindest in der westlichen Welt bisher erforderlich war.

Unsere in den letzten dreihundert Jahren seit der Bewegung der Aufklärung erreichten Bürgerfreiheiten wollen wir dabei beibehalten – soweit es jedenfalls möglich sein wird. Diese große Errungenschaft Europas ist in weiten Teilen der Welt nicht kulturell verankert. Auch bei uns wird sie immer wieder bedroht und muss dauerhaft verteidigt werden.

Daher haben wir den Erhalt unserer typisch Europäischen liberalen Bürgerfreiheiten, die wir als Grundlage aller rechtsstaatlichen, liberalen und demokratischen Ordnung ansehen, gleich an zweiter Stelle als essentielle Nebenbedingung formuliert.

Europa als Staat neu erschaffen

Im Sinne unseres dauerhaften Auftrags zu handeln und dabei die für uns Europäer so wichtige Nebenbedingung möglichst weitgehend einzuhalten, bedarf der Unterstützung durch eine breite gesellschaftliche Bewegung, die sich unmittelbar in staatlichem Handeln ausdrückt.

In einer parlamentarischen Demokratie, der Staatsform also, die der von uns formulierten Nebenbedingung noch immer am besten gerecht wird, bedarf es dazu einer politischen Partei, die die Brücke zwischen gesellschaftlichem Wollen und staatlichem Handeln herstellt, wenn sie denn ausreichend Bürger überzeugen kann. Das sollen die Europäer für den Planeten sein.

Staatliches Handeln bei einer nur global erfüllbaren Aufgabe? Kann das Funktionieren? Wir sehen sehr wohl die Größe der Herausforderung. Wir müssten als Weltbürger in einer Weltgemeinschaft agieren. Tatsächlich aber leben wir in Europa in zersplitterten – vergleichsweise – Kleinstaaten. Die zusammen weniger als 10% der Weltbevölkerung ausmachen. Weltweit sehen wir zudem eine zunehmende, gefährliche  Polarisierung der Großmächte. Zwischen ihnen drohen die Staaten Europas zerrieben zu werden.

Um in diesem archaischen Kräftemessen der Großmächte wahrgenommen zu werden oder gar einen Einfluss ausüben zu können, benötigen wir das nötige Kampfgewicht, das sich durch Größe, Einheitlichkeit und Unabhängigkeit definiert, eine eigenständige geopolitische Position, eine klare Mission im Sinne einer langfristigen Erhaltung der Lebensgrundlagen für die Lebewesen auf diesem Planeten und
natürlich eine unmittelbare, demokratische Legitimation.

Wir erheben nicht den Anspruch, die Notwendigkeit eines geeinten Europas als erste erkannt zu haben. Diese Forderung haben schon viele und deutlich bekanntere Personen des öffentlichen Lebens gestellt. Es ist inzwischen dringlich geworden, sie auch anzunehmen, ins Zentrum des politischen Handelns zu rücken und zügig umzusetzen. Andernfalls drohen Gefahren, die Altbundeskanzler Helmut Schmidt im Jahre 2011 in seiner letzten öffentlichen Rede auf den Punkt gebracht hat: „Falls jedoch die Europäische Union im Laufe der kommenden Jahrzehnte nicht zu einer – wenn auch begrenzten – gemeinsamen Handlungsfähigkeit gelangen sollte, so ist eine selbstverursachte Marginalisierung der einzelnen europäischen Staaten und der europäischen Zivilisation nicht auszuschließen.“

Als politisches Konstrukt, das diesen Anforderungen genügen könnte, sehen wir im Minimum ein hinreichend umfassend definiertes, verfassungsrechtlich verankertes Europa, ein Staat mit gemeinsamer Außen-, Verteidigungs-, Finanz- und Verteidigungspolitik. Andererseits folgen wir dem Deutschen Staatsrechtler Ernst-Wolfgang Böckenförde, nach dem der freiheitliche, säkularisierte Staat von Voraussetzungen lebt, die er selbst nicht garantieren kann. Das Wagnis, liberale Bürgerfreiheiten zu gewähren, ist nur in Kulturen möglich, in denen die Werte der Aufklärung bereits verankert sind. Die Erfüllung der Nebenbedingung definiert damit auch die Grenzen dieses Staats.

Ein solches verfassungsrechtlich verankertes Europa, als Staat mit gemeinsamer Außen-, Verteidigungs-, Finanz- und Verteidigungspolitik gibt es heute nicht. Ihn zu gründen ist unser Kurzfristziel – und die Zeit drängt.

Wie soll unser „Europa“ als Staat aussehen?

Unserem Hauptauftrag folgend benötigt der Europäische Staat für seine Handlungsfähigkeit nach der uns so wichtigen Nebenbedingung eine demokratische Legitimation.

Ein Europa mit einer demokratischen Legitimation

Europa braucht eine Verfassung in der die grundlegenden Rechte seiner Bürger erklärt sind und die seine Organisation festgelegt wird. Nach unserer Überzeugung ist diese Verfassung von einem säkularen, freiheitlich-liberalen Grundverständnis geprägt.

Um handlungsfähig zu sein muss dieses Europa nach außen einheitlich wirken können. Nach innen allerdings soll er föderal aufgebaut sein. Das bedeutet eine direkte Wahl des Europäischen Parlaments durch die Bürger Europas. Das Konstrukt der Europäischen Parteien existiert bereits und kann übernommen werden. Allerdings müssen es die Bürger Europas sein, die hier Mitglied werden,
keineswegs, wie heute, nationale Parteien.

Anstelle der heutigen EU-Organe Europäische Kommission und Europäischer Rat ist allerdings eine Regierung mit eigenen Ministerien vorgesehen. Die Regierung wird, nicht sehr überraschend, vom Parlament bestimmt. Nur die für eine einheitliche Außenwirkung und eine wirksame Handlungsfähigkeit gegenüber der Außenwelt erforderlichen Ministerien müssen auf Europäischer Ebene vertreten sein. Zu den Europaministerien zählen unabdingbar Außenpolitik, Verteidigung, Finanzen, Justiz, Wirtschaft und Infrastruktur.

  •        Zur Außenpolitik gehören danach auch Aufgaben, wie sie heute in Deutschland dem Auswärtigen Amt, sowie dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zugedacht sind.
  •       Für eine wirksame Verteidigung benötigt Europa ein Verteidigungsministerium und dazu Streitkräfte mit effektiver Führung und einheitlicher Ausrüstung, die ihren Auftrag auch erfüllen kann und die aktuelle „Doppelarbeit und Zersplitterung“ der europäischen Verteidigung (Außenbeauftragter Josep Borrell) beseitigt.
  •        Ebenso wenig erklärungsbedürftig ist das Erfordernis einer auf Europaebene angesiedelten finanzpolitischen Entscheidungsgewalt. ·       Insbesondere um unsere Nebenbedingung des Erhalts der liberalen Bürgerfreiheiten zu garantieren, postulieren wir auch ein europäisches Justizministerium mit im Wesentlichen Überwachungsaufgaben.
  •       Das Europaministerium für Wirtschaft hat danach auch die Zuständigkeit für Klimaschutz, Ernährung und Landwirtschaft.
  •       Das Infrastrukturressort hat die Aufgaben, eine optimale Verkehrs-, Energie- und digitale Infrastruktur bereitzustellen.

Die dem Europäischen Bund beitretenden Nationen werden also die Außenpolitik und die Verteidigung vollständig an diesen delegieren. Bei den Zuständigkeiten für Finanzen, Justiz und Infrastruktur erhalten die Europaministerien Richtlinienbefugnis und Durchgriffsrechte im Konfliktfall. Hier können die Nationalstaaten aber spiegelbildlich ihre Ministerien mit entsprechend eingeschränkten Befugnissen weiterführen.

Zuständigkeiten, die nicht zwangsläufig eine Lenkung auf Europäischer Ebene erfordern, werden weiterhin auf Bundesstaatenebene wahrgenommen. In Deutschland sind das aktuell das Bundesministerium des Innern und für Heimat und die Bundesministerien für Arbeit und Soziales, Bildung und Forschung, Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Gesundheit, Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und
Verbraucherschutz und das Bundesministerium für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen. Andere Europäische Staaten haben naturgemäß eine andere Aufteilung ihrer Zuständigkeiten gefunden.

In seinen Möglichkeiten der Einflussnahme stark eingeschränkt kann der Rat der Europäischen Union, auch „Ministerrat“ genannt, zur Abstimmung der nationalen Regierungsorgane untereinander und mit den europäischen Ministerien bestehen bleiben. Die Zuständigkeiten von Europäischem Gerichtshof, Europäischer Zentralbank und Europäischem Rechnungshof benötigen vermutlich einer Neujustierung, werden
in ihrem Wesen jedoch nicht infrage gestellt.

Auf welchem Wege auch immer die politische Meinungsbildung stattfinden, nach welchen Verfahren wir regieren wollen, Europa als Staat benötigt eine unmittelbare demokratische Legitimation. Die Bürger Europas müssen ihre Regierung in direkter Wahl bestimmen und ihre Arbeit mit den Mitteln der parlamentarischen Demokratie kontrollieren können.

Ein Europa mit weltpolitischem Gewicht

Wenn Europa nicht Spielball fremder Mächte, nicht Opfer globaler Entwicklungen, nicht zwischen rivalisierenden Machtblöcken zerrieben werden will, dann muss es sich auf dieser Basis neu erschaffen.

Nur dann kann es als respektierter Spieler auf der Weltbühne ernst genommen werden.

Um aber international das nötige Gewicht zu erlangen, muss dieses Europa groß, einheitlich und unabhängig sein.

Größe

Größe bemisst sich dabei an der Anzahl der durch den Europäischen Staat vertretenen Individuen, der kombinierten Wirtschaftskraft und der militärischen Durchsetzungskraft.

Alle drei Größen-Metriken hängen unmittelbar von der Anzahl teilnehmender Ursprungsstaaten ab. Es gilt also, bei seinen Bürgern für die Idee eines überlebensfähigen Europas zu werben. Nicht alle Europäischen Staaten werden bereit sein, auf diese Utopie einzugehen.

Auch kann nicht ausgeschlossen werden, dass diese „Vereinigten Staaten von Europa“, der „Europäische Bund“ oder, wie auch immer der Name für dieses Zielkonstrukt lauten wird, für Staaten attraktiv sein wird, die sich im Sinne der Europäischen Werte nicht für eine Teilnahme qualifizieren.

Einheitlichkeit

Einheitlichkeit ist hier im Außenverhältnis gefordert. Nur eine einheitliche Position einer, nach außen hin monolithischen Organisation, die nicht in einzelne Interessen­gemein­schaften auseinander dividiert werden kann, hat die Chance auf ein erfolgreiches Handeln. Dafür müssen, die für eine außenpolitische Handlungsfähigkeit relevanten Staatressorts auf europäischer Ebene vertreten sein und mit den erforderlichen Entscheidungsbefugnissen ausgestattet werden.

Nach Innen allerdings sollte sich die bunte Vielfalt Europäischer Kulturtraditionen frei entfalten können. Hier sollte für die Balance zwischen zentral und dezentral die Maxime gelten: Soviel Zentralismus wie erforderlich, so viel Regionalität wie verkraftbar. Ein Wettbewerb der Regionen wäre danach durchaus zulässig, im Sinne einer Steigerung der Gesamt-Performance vielleicht sogar wünschenswert. Möglich, dass in diesem Staat „Europa“ sogar ein gewisser „zivilisierter“ Nationalismus der Völker seinen Platz haben kann, etwa in der Art, wie sich heute Bayern von Hanseaten abgrenzen und vice versa.

Für uns ergibt sich daraus zwangsläufig, dass sich alles staatliche Handeln im Rahmen einer Europäischen Verfassung bewegen muss. In dieser müssen mindestens unsere drei grundlegenden Maßgaben als Grundgesetz verankert werden. Ausformulierungen können dann, soweit sie nicht für die übergeordnete Organisation Europas erforderlich sind, auf der Ebene der Nationalstaaten gesetzlich verankert werden. Gesetze der Nationalstaaten, die nicht mit der Europäischen Verfassung im Einklang stehen, sind unwirksam. Ihre Nichtigkeit muss das Europäische Gericht unmittelbar nach Bekanntwerden dieser Unvereinbarkeit erklären. Dabei ist es unerheblich ob dieser Zustand während des Beitritts von Nationalstaaten oder während der nachfolgenden nationalen Gesetzgebungen eintritt.

Unabhängigkeit

Die Forderung nach einer unabhängigen Europäischen Politik ergibt sich zwar zwanglos aus dem bisher Gesagten. Denn, würde die Europäische Politik nicht unabhängig, würde Europa international auch weder ernst genommen werden noch im Sinne Europas handeln können.

Unabhängigkeit bedeutet nicht, keine Allianzen eingehen zu dürfen. Diese müssen jedoch im Interesse Europas liegen und nicht der Hegemonie anderer Großmächte dienen.

Der Dreiklang aus Größe, Einheitlichkeit und Unabhängigkeit wird für ein gewisses Gewicht sorgen. Je ausgeprägter diese drei Elemente verkörpert werden, umso größer wird der internationale Handlungsspielraum Europas werden.

Ein Europa, das eine eigene Position vertritt

Ein geeintes Europa hätte die Chance, als dritter Pol zwischen den dominierenden Kontrahenten China und den USA eine ausgleichende Rolle spielen, eine Chance, die es ergreifen sollte. Aus einer starken und unabhängigen Position heraus könnte ein geeintes Europa möglicherweise vermittelnd wirken.

Eine weitere Quelle der politischen Positionierung Europas ergibt sich aus den Europäischen Werten, wie sie sich im Zuge der liberalen Bewegung seit der Strömung der Aufklärung entwickelt haben und wie sie in der fundamentalen Nebenbedingung in unserem Parteiprogramm formuliert sind.

Selbstverständlich darf und sollte Europa klar Stellung beziehen. Wenn es um die Stärkung oder Verteidigung der säkularen, freiheitlich-demokratischen sozialen Ordnung geht, darf jeder die spezifisch Europäische Sicht auf das Weltgeschehen kennen. Missionarischen Eifer, der in gewaltsamen Interventionen in anderen souveränen Staaten münden würde, gilt es allerdings zu vermeiden.

Wir bekennen uns daher auch bedingungslos zu den Menschenrechten, wie sie in der Menschenrechtscharta der Vereinten Nationen vom 10. Dezember 1948 deklariert worden sind. Die Erfahrung hat uns allerdings gelehrt, dass eine Instrumentalisierung der Menschrnrechte im Kampf um die geopolitische Vorherrschaft, den Betroffenen nicht genützt, der Idee der Menschenrechte jedoch
nachhaltig geschadet hat. Es wird viel Kraft kosten, die so verstandenen Menschenrechte konsequent in Europa umzusetzen. Sie weltweit umzusetzen wird uns nicht gelingen. Das darf auch nicht unsere Aufgabe sein. Europa darf natürlich auch Bündnisse eingehen, solange sie den Interessen Europas dienen. Keinesfalls darf Europa Teil eines Bündnisses sein, das von seinen außereuropäischen Mitgliedern zum Schaden Europas für seine eigenen, dunklen Zwecke missbraucht wird.

Ein Europa mit einer klaren Mission

Wir stehen als Menschheit vor einigen Herausforderungen, die größer sind als Deutschland, größer als Europa. Wir können nur hoffen, dass sie noch nicht zu groß sind für die Menschheit.

„Langfristige Erhaltung der Lebensgrundlagen für die Lebewesen auf diesem Planeten“ lautet der primäre Imperativ, dem wir zu folgen haben. Dazu gibt es keine Alternative. Dieser Maßgabe zu folgen bedeutet stärker als Gemeinschaft zu handeln, als wir es bisher getan haben. Innerhalb Europas müssen wir sie konsequent in wirksame Maßnahmen umsetzen. Außenpolitisch müssen wir sie mit Nachdruck und als allen anderen Forderungen übergeordnetes Prinzip vertreten.

Unsere liberalen Bürgerfreiheiten wollen wir dabei möglichst weitgehend aufrecht zu erhalten und falls erforderlich verteidigen oder gar ausbauen. Viele unter uns werden das für eine Selbstverständlichkeit halten, über die nicht gesondert gesprochen werden muss. Wir glauben genau das gerade nicht. Ganz im Gegenteil wird die Größe der vor uns liegenden Aufgaben von uns gewaltige Umstellungen erfordern. Dazu können auch Einschränkungen der persönlichen Entscheidungsfreiheit zählen. Unsere Aufgabe wird es sein, diese Einschränkungen für uns in Europa so gering wie möglich zu halten, ohne dabei das klar übergeordnete Prinzip der dauerhaften Erhaltung der Lebensgrundlagen für die Lebewesen auf diesem Planeten zu gefährden.

Warum werden wir nicht konkreter?

Natürlich gibt es noch Einiges mehr zu regeln, sollten wir einmal gefordert sein, an ganz praktischem Regierungshandeln teilzuhaben. So benötigt ein starkes und handlungsfähiges Europa auch eine gemeinsame Infrastruktur, die Verkehr, Kommunikation umfasst, aber auch technische Normen und Standards. Die aktuell viel beklagte „Brüsseler Reglungswut“ auf der Ebene kleinster Details allerdings sollten wir uns nicht zu eigen machen.

Über Umsetzungsdetails entstehen naturgemäß unterschiedliche Meinungen. Allzu leicht entsteht daraus ein größerer Dissens, mit all seinen hässlichen Begleiterscheinungen wie Flügelbildung oder gar Spaltungstendenzen, in jedem Fall aber mit einer Minderung der politischen Überzeugungskraft.

Um unsere drei Aufträge nicht zu gefährden, verzichten wir daher bewusst darauf, bereits jetzt die Details der politischen Umsetzung zu formulieren. Unsere drei Aufträge mögen in der praktischen Umsetzung zwar gelegentlich im Konflikt zueinander stehen. Da sie aber als dauerhafte Hauptaufgabe, Nebenbedingung und Kurzfristziel hierarchisch klar gegliedert sind, sollen sie den untergeordneten, konkreteren Festlegungen als klare Maßgabe dienen. Wir vertrauen darauf, dass sich die Verträglichkeit von Entscheidungen mit den jeweils übergeordneten Prinzipien und Festlegungen auf allen Ebenen nahvollziehbar feststellen lässt. Idealerweise sollte das auch maschinengestützt für jeden Bürger möglich sein.

Wichtiger als die Regelungstiefe ist uns vorerst also die Wirkungsbreite. Wir wollen schnell sehr Viele werden, wollen eine Stimme in Europa werden und ein echtes vereinigtes Europa erst erschaffen. Dazu sollen uns wenige, dafür wohl durchdachte Grundsätze reichen.

Lasst uns damit beginnen!

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Ich bin bin in (Ost-) Berlin geboren. Noch im letzten Augenblick konnten meine Eltern mit mir den Westteil der Stadt und von dort Norddeutschland erreichen. Ich habe Chemie, Informatik, Orientalistik und Volkswirtschaftslehre studiert. Heute bin ich als Interim Manager, Unternehmensberater, Buchautor und Dozent tätig.

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